Anmerkungen zur WM in Koblenz
Für die Zuschauer „vom Fach“ war das teilwiese kaum anzuschauen, weil all das, was bei uns als Fehler gilt, zu Alltagsringen wurde.
Für Zuschauer ohne RT-Hintergrund waren gerade diese Ringe interessant, weil sie zu Fehlern auf der anderen Seite führten, die dann wieder aufgearbeitet werden mussten. Das gab angriffsgeprägte Spiele und steigerte das Tempo. Die Spiel waren spannender als das bei den letzten DM in der Regel der Fall war.
Nach einer gewissen „Einguckzeit“ waren die alternierenden Doppel zu verstehen und forderten die Aufmerksamkeit nicht nur der Spielerinnen und Spieler und der Schiedsrichter, sondern auch die des Publikums. Dass es nur wenige das Spiel aufbauende Spielzuge gab, störte mich ganz persönlich, andere Zuschauer waren von den vielen Angriffen angetan. Die beschlossene Verkleinerung des Feldes wird wahrscheinlich dazu führen, dass wieder mehr gespielt und weniger aufgegeben wird.
Der Rahmen der WM war für mich sehr stimmig: Die gelungene Eröffnungsveranstaltung, der „freie Mittwoch“ und der Abschluss in der Halle und beim Sportbund waren ein wirklicher Treffpunkt der RT-Familie. Für unser doch so kleines Spiel waren sie förderlich und kamen wohl bei allen Teilnehmerinnen und –nehmern gut an.
Die Spieltage schienen mir zu lang, von 8.30 bis nach 21.00 Uhr ist ein zu langer Tag in der Halle. Das ginge wohl an, wenn es da mehr „Komfort“ gäbe, wie zum Beispiel ein dauernd geöffnetes „Bistro“ für die Spielerinnen und Spieler, einen Ruhebereich und einen Bereich für Massage,…
Die Zeit ließe sich wohl verkürzen, wenn die Pausen weniger lang dauerten. So war nach jeder Pause eigentlich eine Grundaufwärmung notwendig, die aber nur die wenigsten machten. Vielleicht war das auch mit ein Grund für die doch recht häufigen Muskel- und Sehnenbeschwerden der Spielerinnen und Spieler.
Die technische Ausstattung war hervorragend, sowohl der optische Teil wie auch der akustische Teil. Ich hätte mir gewünscht, dass bei den Mannschaftsspielen nicht nur Feld 1 und 2 mit ihren Ergebnissen auf der Tafel erschienen wären, sondern auch Feld 3 und 5. So hatten die Spiele auf diesen Plätzen einen Anschein der Unwichtigkeit. Wenn dann sogar die Ergebnisse ohne Zwischenschaltung der Klappanzeigen auf der Tafel erscheinen könnten…
Die schönste und beste Technik nutzt wenig, wenn die Personen, die mit ihr arbeiten müssen, die Arbeitsunterlagen zu spät bekommen. Mannschaftmeldungen müssten mindestens 4 Wochen vor der WM fest vorliegen, um Zeitpläne zu erarbeiten und gezielt Werbung zu treiben – das ist ohne feste Zusagen kaum möglich. Aufstellungen der Spielerinnen und Spieler müssten mindestens eine Woche vor der WM vorliegen, nicht erst eine Stunde vor Spielbeginn. Wenn dagegen gehalten wird, dass das unmöglich sei, weil Verletzungen, Erkrankungen, sonstige Ausfälle dazwischen kommen können, muss über eine Nachrücklösung nachgedacht werden – das sollte zu regeln sein.
Gastmannschaften müssen dazu gebracht werden, die Visa so rechtzeitig zu beantragen, dass diese Fristen eingehalten werden können.
Das Schiedsrichterwesen sollte unbedingt kritisch überprüft werden, hier gab es einige sehr gute Schiedsrichter, aber leider auch – zu – viele Zähler, die jeden Ring durchgehen ließen. Da ist der WTF gefordert!
Dass die Vorbereitung der WM teilweise etwas holprig war, ist sicher auch dadurch zu verstehen, dass Gunthard krankheitsbedingt ausgefallen ist. Axel hat das ihm Mögliche getan, um die WM zum Erfolg zu führen. Das ist ihm voll gelungen! Sein dazu zusammengestelltes Team – quer über Deutschland verteilt – hat ganze Arbeit geleistet. Dass es hier und da nicht so ganz optimal gelaufen ist, ist nur zu natürlich. Aber es ist sicher bei jeder Großveranstaltung ein Verbesserungspotenzial vorhanden.
Durch die DMM im März kannten fast alle Mitarbeiter die Halle und ihre Möglichkeiten, das war sicher eine große Hilfe. Aber im Umfeld gab es viele Unbekannte: Sportschule, Hotel, Fahrmöglichkeiten, Einkaufsmöglichkeiten waren nicht so bekannt. Hier hätte ein Treffen der „Abteilungsleiter“ geholfen – aber die Finanzen…
Die Werbung für die WM hätte intensiver sein müssen, vielleicht hätten wir dann mehr Zuschauer gehabt – aber die Zeit und die Finanzen…
Eine größere Werbebroschüre mit einer weiteren Verbreitung hätte vielleicht mehr Öffentlichkeit gebracht – aber die Zeit und die Finanzen…
Rundfunk und Fernsehen hätten viel mehr über die WM berichten müssen – aber da fehlt das Interesse der Verantwortlichen an unserem Sport und bei uns fehlt die Zeit und fehlen die Mittel, um die Verantwortlichen „anzufüttern“.
Fazit: Es war eine große WM, die größte, die mit unseren Mitteln zu schaffen war.
Mein dank gilt Gunthard, der es überhaupt erst möglich gemacht hat, dass die WM in Koblenz statt fand. Er gilt aber auch all den vielen Mitarbeitern, die ihre Zeit, ihre Kraft, ihren Urlaub, ihr Geld, besonders aber ihre Ideen und ihre Freundlichkeit eingebracht haben, um die WM „machen“ zu können. In nun 45 Jahren habe ich keine RT-Veranstaltung erlebt, die so freundlich, so ruhig und so familiär abgewickelt worden ist. Es gab keinen Streit um Entscheidungen, kein Anmaulen von Schiedsrichtern, kein Gemeckere am Ablauf, dafür aber viel Lob.
Wir dürfen stolz auf die WM sein, auch wenn diesmal unsere Spielerinnen und Spieler nicht die Erfolge von Indien wiederholen konnten. Das war zu erwarten, denn die anderen Nationen wussten, wie stark unsere Mannschaft ist und haben sich viel Mühe gegeben, Paroli bieten zu können. Da waren auch großer Trainingsfleiß und stetes Bemühen um Leistungssteigerung und Marios Mühe um Taktik und Kondition keine Garantie für die Wiederholung der Platzierungen in Indien. Das war zu erwarten, das muss so sein und keine Spielerin und kein Spieler braucht sich Vorwürfe zu machen oder machen zu lassen – ihr habt euch wirklich gut geschlagen, auch wenn es nicht immer zu Gold gereicht hat.
Ihr habt schöne, saubere und anschauenswerte Spiele geboten.
Bis Südafrika sind es ja noch ein paar Wochen, nutzt die Zeit, arbeitet weiter und denkt daran, dass jede neue Teilnehmernation die Schwelle zum Erfolg höher rückt.
Aus Nordhofen grüßt
Rainer Hummel